Geschichte des Essigs
Essig musste keiner erfinden, man musste ihn nur entdecken. Wegen des fehlenden Wissens um die Konservierung von Wein und Bier entstanden früher ungewollt große Mengen an Essig. Deshalb wurde damals auch wesentlich mehr Essig konsumiert als heute. Vielen Hochkulturen des Altertums war Essig bekannt. Saures Bier wurde von den Ägyptern "Hequa" genannt, römische Legionäre tranken "Posca", ein Gemisch aus Weinessig und Wasser, die Babylonier erzeugten Dattelessig zum Konservieren, die Phönizier produzierten Apfelessig. Hippokrates berichtet im ersten Jahrhundert nach Christus in seinem Werk "De re rustica" über die medizinische Anwendung und die Herstellung des Essigs aus Wein, Bier und Feigen. Im Mittelalter berichten Hildegard von Bingen, Nostrodamus und Florenz von Venningen über die Wirkung der im Essig extrahierten Heilpflanzen. Essig wurde bis ins Mittelalter in den Haushalten selber hergestellt, dann entwickelte sich, von Frankreich ausgehend, ein reger Essighandel mittels Essigkarren auf der Straße. Der Essig wurde in Krügen oder Fässern verkauft. Essig diente zum Einlegen von Gemüse und Fleisch, zur Desinfektion und als Pestmittel, gegen Hautkrankheiten und zur Schönheitspflege. Der franz. Chemiker Antoine-Laurent De Lavoisier entdeckte im 18. Jahrhundert, dass Luft für die Entstehung von Essig notwendig ist. Der engl. Chemiker Sir Humphrey Davy fand die chemische Gleichung und vermutete, dass Bakterien für die Umwandlung von Alkohol in Essigsäure verantwortlich sind. Doch erst der Franzose Louis Pasteur konnte dies 1862 beweisen. Im 19. Jahrhundert trank man Essig, mit Wasser verdünnt und mit Natron verfeinert, als sprudelndes Erfrischungsgetränk.
Herstellungsverfahren
Die älteste handwerkliche Essigherstellung entwickelte sich von Frankreich aus, in der Gegend um Orleans, das so genannte Orléans-Verfahren oder Oberflächenverfahren. In offenen Holzfässern, die zur Hälfte befüllt und mittels Löcher kurz über der Flüssigkeitsoberfläche belüftet, wurde aus Wein, Bier und Sekt Essig erzeugt. An der Oberfläche bildete sich die Essigmutter, die auf keinen Fall absinken durfte, deshalb wurde als erste Weiterentwicklung zur Abstützung der Essigmutter ein Holzgitter eingeführt.
Johann Sebastian Schützenbach beschleunigte die Essigerzeugung, indem er die Maische über Buchenholzspäne rieseln lies, an denen Essigbakterien gefesselt waren, deshalb auch Fesselverfahren, Schützenbachverfahren oder Schnellessigverfahren genannt.
Als Trägermaterial eignen sich auch Maisspindeln oder Traubenstiele. Dieses Verfahren wurde dahingehend erweitert, dass die Maische mittels einer Pumpe über das Trägermaterial rieselt und gleichzeitig von unten Luft eingeblasen wird. Die industrielle Variante davon ist das Generator- oder Fringsverfahren, bei dem der Essig in 4 bis 5 Meter hohen Behältern, vorwiegend aus Holz, erzeugt wird. Die Größe der Anlage macht eine automatische Temperatursteuerung notwendig, da bei der Umwandlung von Alkohol zu Essig bei so großen Mengen zuviel Wärme entstehen würde und dadurch die Bakterien Schaden erleiden würden.
Die modernste und schnellste Art Essig zu erzeugen, ist heute das Submersverfahren mit einem so genannten Acetator. Die Bakterien sind nicht mehr nur an der Oberfläche oder an ein Trägermaterial gebunden, sondern bewegen sich frei in der Flüssigkeit, in die Sauerstoff mittels der so genannten Venturidüse gepresst wird. Diese Anlagen gibt es von 20 Liter bis ca. 50 000 Liter Fassungsvermögen. Danach wird Essig meist gefiltert, geschönt, pasteurisiert (erhitzt), mit Zuckercouleur gefärbt, mit Glutamat geschmacksverbessert, dann mit Schwefeldioxid konserviert. Dies ist nicht deklarationspflichtig wenn der zulässige Höchstwert des Schwefels 50 mg /l nicht übersteigt. Liegt er zwischen 50 mg/l und 170mg/l ist eine Kennzeichnung erforderlich.
Essigarten
Was ist Essig? Essig ist eine sauer schmeckende Flüssigkeit, die mindestens 5 % Essigsäure enthält und vor allem zum Würzen, Säuern und zur Haltbarkeit von Lebensmitteln verwendet wird. Essigsäurebakterien sind Lebewesen niedriger Ordnung und kommen, wie Hefepilze, in der Luft vor. Sie siedeln sich in alkoholischen Flüssigkeiten an und verwandeln Alkohol zu Essig. Je nach Herstellung unterscheidet man folgende Arten von Essig:
1. Säureessig
wird durch verdünnen von Essigessenz, ein synthetisches Produkt mit mehr als 15,5 % Essigsäure, gewonnen. Für den Genuss nur bedingt brauchbar, in manchen Ländern ist die Verwendung von Säureessig für Speisezwecke sogar verboten. Er eignet sich allerdings bestens als Weichspüler, als Entkalkungsmittel oder zur Desinfektion von Gegenständen.
2. Gärungsessig
Unter Gärungsessig versteht man eine zum menschlichen Genuss, insbesondere zum Säuern und Konservieren von Speisen geeignete Flüssigkeit, die durch den Prozess der doppelten Fermentation, nämlich der alkoholischen und der Essiggärung hergestellt wird.
3. Verschnitt aus Gärungsessig mit Säureessig
muss mit dem Vermerk "Essig hergestellt unter Zusatz von Essigsäure (oder Essigessenz)" gekennzeichnet sein und darf nicht als Gärungsessig bezeichnet werden.
Beispiele
- Weingeist-, Branntwein- oder Tafelessig wird aus Alkohol für Genusszwecke mit Wasser im biologischem Gärverfahren gewonnen
- Wein-Branntweinessig, auch weinwürziger Essig wird aus mindestens 1/4 Weinessig und 3/4 Branntweinessig hergestellt.
- Hesperidenessig ist ein Wein-Branntweinessig mit 4% Apfelsaft
- Zirbenessig ist ein Edelbranntweinessig, statt herkömmlichem Branntwein wird Zirbenschnaps verwendet und statt Wasser Fruchtsaft und eingekochter Fruchtsaft.
- Weinessig wird ausschließlich aus Traubenwein, Traubensaft oder Traubenmaische erzeugt, man unterscheidet Rotweinessig und Weißweinessig, Weinessig muss mindestens 6% Säure enthalten. Ist der Wein geschwefelt, wird er zuvor mit Wasserstoffperoxyd entschwefelt.
- Obstessig darf nur aus Most (Obst-, Frucht oder Beerenwein) erzeugt werden. Der wohl beliebteste ist der Apfelessig.
- Honigessig aus vergorenem Honigwein (Met), der Zucker stammt gänzlich aus dem Honig
- Rosinen-, Dattel- oder Feigenessige werden vor allem in muslimischen Gebieten am Mittelmeer erzeugt. Da der Genuss von Alkohol verboten war, wurden Weintrauben vor allem getrocknet und daraus der Essig gewonnen.
- Bieressig wird aus Bier erzeugt, vor allem in England und Schottland, hier nannte man den Essig nicht vinegar (saurer Wein), sondern alegar (saures Bier)
- Malzessig ist ein Erzeugnis, das ohne Zwischendestillation mithilfe der doppelten Fermentation aus gemälzter Gerste gewonnen wird. Eine britische, aber auch südafrikanische Spezialität.
- Reisessig ist eine asiatische Spezialität aus vergorenem Reis
- Gemüseessige: je nach Stärkegehalt kann auch aus Gemüse Essig erzeugt werden.
- Molkeessig aus vergorener konzentrierter Molke, Spezialität aus der Schweiz
- Aceto Balsamico ist kein geschützter Begriff und kann überall auf der Welt produziert werden. Durch schonendes Erhitzen wird Traubensaft eingedickt und über den Winter gelagert. Danach wird er in 200 Liter Fässer gefüllt und in immer kleiner werdende Holzfässer aus unterschiedlichen Holzarten umgefüllt. Dies dauert mindestens 12 Jahre wobei das letzte Fass nur mehr 20 Liter fasst. Traditionell werden Fässer aus Eiche, Kastanie, Robinie, Esche, Kirsche, Maulbeere und Wacholder verwendet.
Je nach Verfahren und Einlagerungsdauer hat der Essig mehr oder weniger Qualität. Das erklärt auch die großen Preisunterschiede. Oft wird einfach Weinessig mit Traubensaftkonzentrat vermischt und als Balsamico angeboten.
- Ansatzessige: gekaufte oder selbst hergestellte Essige werden mit Früchten, Fruchtkonzentraten, Blüten, Kräutern oder Gemüse angesetzt und so aromatisiert. Der Essig löst die Aroma- und Farbstoffe aus den Zutaten (Fruchtessig, Kräuteressig, etc.)
Essig selber machen
Auch heute noch ist Essig oft ein Zufallsprodukt, wenn der Most oder Wein, trotz Schwefel, sauer wird. Von selbst entsteht er oft leichter, als wenn man ihn herstellen will. Essigbakterien, die überall in der Luft vorkommen, wandeln jede alkoholische Flüssigkeit in Essig um, wenn sie nicht zuviel Alkohol, wie z.B. Schnaps oder zuviel Schwefel oder andere Konservierungsmittel, enthält. Auch andere Säuren, wie z.B. Kohlensäure verhindern die Essigbildung. Deshalb beim Bier zuerst die Kohlensäure herausschlagen, wenn sie daraus Essig machen wollen. Ideal sind Flüssigkeiten, die ca. 5 bis 6 % Alkohol haben. Daraus entsteht dann Essig mit ca. 5 bis 6 % Essigsäure. Hierbei ist Luftzufuhr und Wärme wesentlich. Der Prozess kann ohne Hilfsmittel mehrere Monate dauern und wenn nicht steril gearbeitet wird, entsteht eine durch Kahmhefen pelzige, trockene, staubige, schimmelige Haut auf der Oberfläche und man kann die Flüssigkeit nur noch wegwerfen. Nicht zu verwechseln mit der Essigmutter. Dies ist eine Ansammlung von Essigbakterien. Sie ist feucht und ähnlich gefärbt wie das Ausgangsprodukt. Vorsicht auch vor der Infektion mit Milchsäurebakterien, sie können ein Grund sein, dass der Essig die notwendigen % Säure nicht erreicht. Essig muss mindestens 5% Säure haben, Weinessig sogar 6 %, damit er ausreichend haltbar ist. Kommt das Ausgangsprodukt, z.B. Apfelmost, während der alkoholischen Gärung bereits mit Essigbakterien in Kontakt, wird zu wenig Alkohol produziert, weil die Hefen absterben. Zu wenig Alkohol heißt auch zu wenig Essigsäure und haben die Essigbakterien keinen Alkohol mehr, sterben sie ab. Dann beginnt er sich abzubauen, das heißt, er verliert langsam seine Säure und wird in Kohlensäure und Wasser umgewandelt. Dies ist ein natürlicher, nicht umkehrbarer Abbauprozess, der normalerweise durch Zusatz von Schwefel verhindert wird.
Manche, in der Luft vorkommende wilde Essigbakterien produzieren oft eine sehr dicke Essigmutter, was unerwünscht ist, außer sie möchten statt Essig Essigmutter herstellen. Die kann man dann trocknen, Essigpapier erzeugen und damit Lautsprechermembranen bauen oder sie auch panieren und essen (eine chinesische Spezialität). Deshalb hat man durch Selektieren Bakterien gezüchtet, die eine dünnere Essigmutter oder nur Schlieren bilden und somit mehr Essig erzeugen. Als Behälter zum Essigmachen eignet sich ein Gefäß mit großer Flüssigkeitsoberfläche, damit viel Luft an den Essig kommen kann. Das Material des Behälters soll lebensmittelecht sein, entweder Glas, Keramik, Holz oder säurefesten Kunststoff. Ein Ablasshahn wäre praktisch, aber nicht notwendig. Das Gefäß muss mit einem Tuch abgedeckt sein, damit keine Obst- bzw. Essigfliegen an den Essig kommen.
Für die ersten Versuche nehmen sie einen sauren Wein, er ist normalerweise weniger geschwefelt. Hat er 12% Alkohol, geben sie ca. die gleiche Menge abgekochtes lauwarmes Wasser oder pasteurisierten Fruchtsaft dazu. Das Ganze an einen warmen Ort stellen und warten. Essig braucht Geduld. Wenn es wie nach Klebstoff riecht, arbeiten die Essigbakterien. Wenn die Flüssigkeit ein bisschen sauer schmeckt, könnten sie die Flüssigkeitsmenge wieder verdoppeln. Je nach Temperatur, am besten 22 bis 28° C , dauert das Ganze ca. 1,5 bis 4 Monate. Kurz vor Vollmond arbeiten die Essigbakterien besonders aktiv. Ist der Klebstoffgeruch verschwunden, ist der Essig wahrscheinlich fertig (am besten probieren). Sie können den Essig sofort verwenden. Noch besser wird er aber, wenn er anschließend eine Zeit lang (mindestens drei Monate) kühl und dunkel lagert. Dabei klärt er sich und bekommt ein noch feineres Aroma.
Haltbarkeit und Lagerung
Verschlossen ist Essig praktisch unbegrenzt haltbar. Allerdings soll er dunkel lagern, damit Vitamine länger erhalten bleiben und kühl, damit eventuell noch vorhandene Essigbakterien inaktiv sind. Im Warmen, wenn auch noch etwas Luft eingeschlossen ist, können sich Schlieren (Essigmutter) bilden, weil Essig eigentlich ein lebendes Produkt ist. Laut gesetzlichen Bestimmung gilt er "lebend" aber als "verdorben", weil das für den Kunden unappetitlich aussieht. Meiner Meinung nach ist geschwefelter Essig verdorben, weil tot. Manche Leute vertragen keinen Schwefel und bekommen davon Kopfschmerzen oder rote Flecken im Gesicht. Außerdem ist auch ungeschwefelter Essig nach dem Öffnen bei kühler Lagerung (im Kühlschrank) sehr lange haltbar. Essig ist ja ein Konservierungsmittel. Die Essigbakterien sind im Kühlen inaktiv. Im Warmen und bei Luftzufuhr kann sich aus den noch vorhandenen Essigbakterien und dem Restalkohol wieder Essigmutter bilden und noch saurer werden. Dies ist ein Qualitätsmerkmal, ein Hinweis auf die Natürlichkeit eines Produkts. Wer die Essigmutter unappetitlich findet, kann sie durch ein Sieb filtern, verschenken oder wegwerfen. Das verschönert lediglich die Flüssigkeit.
Essig und Schönheit
Für die Haare: Ein Schuss Essig im letzten Spülwasser der Haarwäsche verleiht den Haaren Glanz.
Als Gesichtswasser: Zirbenessig im Verhältnis 1:1 strafft die Haut und schafft einen ausgleichenden pH-Wert nach der Verwendung von Seifen.
Dusche oder Bad: Ebenso neutralisiert Essigwasser nach einem Bad oder Dusche die Haut und befreit von Schaumbad, Duschgel, Seifenresten und dergleichen.
Mundgeruch: Verwenden sie dieselbe Mischung als Mundwasser, die Bakterien, die den Mundgeruch erzeugen, werden abgetötet.
Schweißfüsse: Reiben sie ihre Füße mit verdünntem Essig ein, das tötet die Geruch bildenden Bakterien. Waschen sie ihre Socken mit mindestens 60° C. Um die Bakterien in ihren Schuhe zu töten, geben sie diese in einen Plastiksack und geben sie diese für 3 Tage in den Tiefkühlschrank.
Fußpilz: Pilze mögen keinen Essig und auch keine Zirben. Reiben sie ihre Füße, vor allem zwischen den Zehen mit einem Zirbenessig oder einem anderen Essig ein und fönen anschließend die Füße trocken.
Essig und Gesundheit
Ungeschwefelter Essig ist wie Zitrone oder manche Beeren zwar sauer, wirkt im Körper aber basisch und somit der Übersäuerung des Stoffwechsels entgegen. Weiters soll er laut Studien ausgleichend auf den Blutzuckerspiegel wirken. Essig fördert die Speichelbildung und regt damit die Verdauung an. Der menschliche Körper selbst bildet als Zwischenprodukt immer wieder Essigsäure. Säure bildende Lebensmittel, wie Fleisch, gehärtete und raffinierte Öle, alle Getreide, auch Vollkorn und weißer Zucker sind nicht sauer, manchmal sogar süß, setzen bei der Verdauung aber Säuren frei. Ein Zuviel an Säure bildender Stoffe kann zu Übersäuerung führen. Der Körper muss körpereigene basische Mineralstoffe, wie Calcium, Magnesium, Natrium, Kalium, Eisen hergeben um diese Stoffe abzubauen. Geschwefelter Essig und andere mit Schwefel haltbar gemachte Nahrungsmittel können ebenfalls nur schwer abgebaut werden, da Schwefel, wie Phosphor und Chlor ein Säurebildner ist.
Basenbildende Lebensmittel, wie Kartoffeln, die meisten Gemüse, reifes Obst, besonders Bananen, Feigen, Heidelbeeren erzeugen im Körper gar keine Säuren und sollen vermehrt gegessen werden.
Heilwickel und Umschläge: Essig gehört neben Salz und Kamille zu den traditionellen Wickelzusätzen, wobei Essig kühlend wirkt, was sich vor allem bei Fieber bewährt hat. Für einen kühlenden Wickel nimmt man auf einen Teil Essig 10 Teile Wasser, taucht ein Baumwolltuch darin ein und umwickelt damit locker die Beine, damit die Flüssigkeit verdunsten kann. Dieser Wickel soll auch bei Verstauchung oder Bluterguss helfen. Er sollte, wenn er sich erwärmt hat (ca. nach einer Stunde) gewechselt werden. Auch bei Hauterkrankungen, wie Gürtelrose kann ein Essigumschlag helfen, dazu soll man Essig mit Wasser im Verhältnis 1:2 verdünnen.
Quelle: Internet